Der Ausdruck „Fanatiker“, der zuvor benutzt wurde, ist als jemand zu verstehen, der grob und unwissend ist und seine korrupten und vom Islam abweichenden Gedanken und politischen Auffassungen als religiöses Wissen präsentiert. Solche Leute verdrehen wahres religiöses Wissen, um ihre verdrehten Gedanken und falschen Überzeugungen aufzuzwingen. Manche von ihnen werden dabei durch ihre Titel oder durch Gesetze, hinter denen sie Schutz nehmen, ermutigt, und die meisten von ihnen durch ihren Missbrauch des Glaubens der Muslime. Sie sind jene, die große Menschenmengen hinter sich sammeln und Aufspaltung und Kämpfe unter Brüdern verursachen. Die schädlichsten und gefährlichsten Fanatiker sind jene religiösen Fanatiker, in den Wissenschaften oder in der Politik, die für Besitz, Geld und Ämter Propaganda für fremde Ideologien, Reformer im Islam und Weglose (Leute, die keiner Rechtsschule folgen) machen und dadurch den Glauben und den Charakter der Menschen verderben. Fanatiker sind in drei Gruppen zu differenzieren:

1 – „Unwissende Fanatiker“, die keinerlei Wissen um den Islam oder die Welt haben, doch sich selbst als Gelehrte oder Intellektuelle betrachten. Diese Sorte von Fanatikern sind sowohl Spalter als auch Leute, die sich von Feinden des Islam leicht täuschen lassen und leicht auf gefährliche Wege gebracht werden können. Patrona Halîl, Kabakçı Mustafâ und Kızılbaş Dschelâlî, der behauptete, der Mahdî zu sein, sind alle Fanatiker dieser Sorte, die sämtliche blutigen Seiten in der Geschichte des Osmanischen Reiches schrieben.

2 – Die zweite Gruppe von Fanatikern stellen die „Religionsfanatiker“ dar. Diese sind korrupte Gelehrte der Religion. Obwohl diese über etwas Wissen verfügen, verkünden sie Sachen, ohne Wissen darüber zu haben, oder entgegen ihrem Wissen, um so ihre hinterlistigen Ziele zu erreichen oder Besitz und Ämter zu erlangen. Sie begeben sich außerhalb des Islam. Sie werden zu Vorbildern und Führern für die Unwissenden dahingehend, wie man Schaden verursacht und den Islam zerstört. Abdullah ibn Sabâ, der dem Islam große Wunden zufügte; Abû Muslim al-Khorâsânî; Hasan Sabbah; der Sohn des Qâdis von Samavne, Schaykh Bedreddin; Gelehrte, die Fatwâs zur Tötung der osmanischen Sultane erließen; Muhammed ibn Abdulwahhâb aus Nadschd (in Arabien), der die Wahhabismus genannte Abspaltung erfand; der Vorsitzende der Freimaurerloge von Ägypten, Dschemâluddîn al-Afghânî [1]; der Mufti von Kairo und Freimaurer Muhammed Abduh und sein Zögling Raschid Ridâ; die Ägypter Hasan al-Banna und Sayyid Qutb; Dr. Abdullah Dschevdet, der in Istanbul den Islam angriff; der Heuchler Ahmed Qâdiyânî, der sich zum Werkzeug für die Angriffe der Briten auf den Islam in Indien machte; der Pakistani Abûlâlâ Mawdûdî und seinesgleichen; neu aufkommende Reformer und Weglose; der sich als Religionsgelehrte ausgebende berühmte britische Spion Lawrence, der an der Zerstörung des Osmanischen Reiches arbeitete – all jene gehören zu dieser Sorte von Fanatikern. Sie nutzten die religiösen Gefühle und den Glauben der Muslime aus und versuchten den Islam von innen zu zerstören.

Der große muslimische Gelehrte Imâm Ahmed Rabbânî, möge Allah mit ihm barmherzig sein, klagt in seinem Buch „Maktûbât“, „Briefe“, im 47. Brief mit bitteren Worten: „Den Worten von Religionsgelehrten Gehör zu schenken, die nur hinter dieser Welt her sind [und ihre Bücher zu lesen], ist so schädlich wie die Einnahme von Gift. Der Schaden, den schlechte Gelehrte verursachen, ist ansteckend. Sie zerstören Gesellschaften und spalten Völker. Das Unheil, das frühere muslimische Reiche befiel, wurde durch korrupte Gelehrte der Religion verursacht. Diese waren es, die die Staatsmänner vom rechten Weg abbrachten. Unser Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden schenken, sagte: „Die Muslime werden sich in 73 Gruppen spalten. 72 von ihnen werden ins Feuer eingehen. Nur eine Gruppe wird vor dem Feuer errettet werden.“ Die Anführer dieser 72 Gruppen, die sich vom wahren Weg trennten, waren immer korrupte Gelehrte der Religion. Es wurde selten beobachtet, dass der Schaden eines unwissenden Fanatikers andere angesteckt hat. Unwissende und wirre Schuyukh von Tekkes sind ebenfalls korrupte Gelehrte, deren Schaden andere ansteckt.“

In seinem 33. Brief schreibt er: „Unser Prophet, möge Allah ihn segnen und ihm Frieden schenken, sagte: ‚Derjenige, der am Tag des Gerichts am heftigsten leiden wird, ist der Gelehrte, dessen Wissen ihm selbst nichts genutzt hat.‘ Es ist offensichtlich, dass Wissen, welches bei Allah, dem Erhabenen, einen hohen Wert aufweist und das vom Rang her über allem steht, jenen Schaden zufügt, die es als Mittel einsetzen, um Besitz, Ämter und Führungspositionen zu erlangen. Dabei ist Weltverfallenheit eine Sache, die Allah, der Erhabene, gar nicht liebt. Daher ist es eine schändliche Sache, das Wissen, das Allah, der Erhabene, schätzt, für etwas zu missbrauchen, das Er nicht liebt, denn es bedeutet, dass man etwas, das Er hoch schätzt, gering schätzt, einer Sache, die Er nicht liebt, Wert zuschreibt und sie erhöht. Oder um es noch deutlicher zu sagen: Es ist eine Auflehnung Allah, dem Erhabenen, gegenüber. Das Lehren und Unterrichten, die Veröffentlichung von religiösen Schriften, Büchern und Zeitschriften ist nur dann nützlich, wenn es für das Wohlgefallen Allahs, des Erhabenen, geschieht, und nicht für das Erlangen von Ämtern, Besitz und Ruhm. Das Zeichen für solche reinen Gedanken und Absichten ist die Weltabgewandtheit einer Person. Religionsgelehrte, die dem Übel der Liebe zu irdischen Genüssen verfallen sind, sind in Wahrheit Männer der Welt. Hierbei handelt es sich um die korrupten Gelehrten und die niederträchtigsten Menschen. Sie sind Diebe der Religion und des Glaubens. Jedoch betrachten sie sich als Gelehrte des Islam, Weltabgewandte und präsentieren sich als die besten Menschen. Allah, der Erhabene, sagt über sie in den Versen 18 und 19 der Sûre ‚al-Mudschâdila‘, ‚Der Kampf‘, sinngemäß: ‚Sie glauben, Muslime zu sein. Doch sie sind nichts als Lügner. Sie stehen unter dem Einfluss des Teufels. Sie gedenken Allahs, des Erhabenen, nicht, und Sein Name kommt nicht aus ihren Mündern. Sie folgen dem Teufel und sind selber zu einem Teufel geworden. Wisset, dass jene, die dem Teufel folgen, großen Verlust erleiden. Sie verlieren das ewige Glück, und werden ins endlose Leid gestürzt.‘ Einer der großen Awliyâ sah einst den Teufel tatenlos herumsitzen, anstatt zu versuchen, die Menschen zu täuschen und zu verleiten, und fragte ihn nach dem Grund dafür. Der Teufel antwortete: ‚Die korrupten Gelehrten dieser Zeit, die behaupten, Gelehrte der Religion zu sein, helfen mir so sehr dabei, die Menschen zu verführen und zu verleiten, dass ich mich nicht mehr selbst mit dieser wichtigen Aufgabe beschäftigen muss.‘ In der Tat liegt die Ursache für die Nachlässigkeit in der Befolgung der Gebote im Islam und die Abkehr der Menschen vom Glauben in unserer Zeit in den Worten und Schriften von Leuten, die behaupten, als Gelehrte der Religion zu sprechen, und in deren schlechten Absichten. [Ein wahrer Gelehrter des Islam hat drei Eigenschaften: Er hat Verstand, er hat Wissen und er ist aufrichtig im Glauben. Wer diese drei Eigenschaften in sich versammelt, der ist ein Gelehrter des Islam. Wenn eine dieser Eigenschaften fehlt, dann kann man sich auf sein Wort nicht verlassen. Um ein Wissender zu sein, muss man ein Experte in den intellektuellen und überlieferten Wissenszweigen sein (aqlî und naqlî Wissen).]

Die Gelehrten des Islam, die nicht der Welt verfallen, die nicht der Liebe zu Besitz, Ämtern und Ruhm verfallen, sind Leute des Jenseits. Sie sind die Erben und Stellvertreter der Propheten, möge Friede mit ihnen sein. Diese sind die Besten unter den Geschöpfen. Am Tag des Gerichts wird die Tinte dieser Gelehrten gegen das Blut der auf dem Wege Allahs, des Erhabenen, Gefallenen gewogen und die Tinte wird schwerer wiegen. Diese sind jene, die in der ehrwürdigen Hadîth, ‚Der Schlaf der Gelehrten ist Anbetung‘, gelobt werden. Sie sind diejenigen, die die Schönheit der unendlichen Gaben im Jenseits verstehen, die Hässlichkeit und Schlechtheit der diesseitigen Welt sehen, und wissen, dass das Jenseits ewig und die diesseitige Welt vorübergehend und endlich ist. Daher schauen sie nicht auf das Vergängliche, das sich stets Verändernde und Endliche, sondern halten sich an das, was ewig währen wird, sich nicht ändern wird und unendlich ist. Die Größe und Gewaltigkeit im Jenseits werden nur verstanden, indem man die Größe und Gewaltigkeit Allahs, des Erhabenen, erkennt. Wer die Größe und Gewaltigkeit im Jenseits versteht, der wird der diesseitigen Welt keinen Wert beimessen. Denn in der diesseitigen Welt und im Jenseits sind Gegensätze. Wenn der eine lacht, dann weint der andere. Wer die diesseitige Welt schätzt, der achtet das Jenseits gering. Wer sie nicht mag, der schätzt das Jenseits. Es geht nicht, dass man beide schätzt oder beide gering schätzt. Zwei Gegensätze fallen nicht zusammen. [Feuer und Wasser können nicht zusammen an einem Ort sein.]

Es gibt manche Gelehrte des Tasawwuf, die, nachdem sie sich selbst und die weltlichen Bedürfnisse vergaßen, aus verschiedenen Gründen und Nutzen als Männer dieser Welt erscheinen. Es hat dann den Anschein, als würden sie die Welt lieben und sie begehren. In Wahrheit aber ist in ihnen keinerlei Liebe und Wunsch für diese Welt. In Vers 37. der Sûre ‚an-Nûr‘, ‚Das Licht‘, heißt es sinngemäß: ‚Ihr Handel und ihre Geschäfte halten sie keineswegs vom Gedenken Allahs, des Erhabenen, ab.‘ Sie scheinen der diesseitigen Welt verbunden, doch in Wahrheit sind sie es nicht. Hâdscha Bahâuddîn an-Naqschibandî al-Bukhârî [2] , möge sein Geheimnis gesegnet sein, sagte: ‚Es gab einen jungen Händler auf dem Markt von Minâ in Mekka, der, nachdem sie sich selbst und die weltlichen Bedürfnisse vergaßen, Handel im Umfang von 50.000 Dinar (Goldtalern) tätigte, und dessen Herz Allah, den Erhabenen, nicht einen Augenblick vergaß.‘“

3 – Die dritte Sorte von Fanatikern sind Leute mit Universitätsabschlüssen, die sich als Naturwissenschaftler ausgeben, die „Wissenschaftsfanatiker“. Um den Glauben der Jugend zu verderben und sie vom Glauben, vom Islam, abzubringen, präsentieren sie ihre eigenen Erfindungen als naturwissenschaftliche Fakten und als Fortschrittlichkeit. Sie sagen, dass die Bücher über den Islam falsch seien, da sie nicht mit naturwissenschaftlichen Fakten übereinstimmen würden und dass man daher diesen Büchern nicht glauben und nicht den Weg beschreiten solle, der in ihnen beschrieben wird. So, wie Religionsfanatiker das Wissen der Religion verfälschen, so verfälschen die Wissenschaftsfanatiker naturwissenschaftliche Fakten, um den Islam anzugreifen. Zwar kann eine intelligente Person, die den Islam gut kennt und eine geeignete Universitätsausbildung hat, sogleich durchschauen, dass ihre Worte nicht der Wissenschaft entsprechen und dass diese Leute in Wahrheit wissenschaftlich ungebildet und ignorant sind, doch viele Jugendliche und Studenten lassen sich von ihren Titeln täuschen und glauben ihren Lügen und fallen so ins Unheil. Auf diese Weise wird die muslimische Gesellschaft gespalten. In dem Buch „Se‘âdet-i Ebediyye“, „Das ewige Glück“, sind ausführliche Informationen über die Wissenschaftsfanatiker zu finden.

Alle zuvor beschriebenen Sorten von Fanatikern haben den islamischen Staaten, dem Islam sehr geschadet und schaden ihm heute noch. Auch heute gibt es solche Heuchler und Ketzer, die versuchen, den Islam von innen zu zerstören. Sie haben, Allah, dem Erhabenen, sei Dank, heute viel von ihrer alten Wirkung verloren. Die muslimische Welt weiß heute, dass sie wie von Allah, dem Erhabenen, befohlen, alle Feinheiten der Naturwissenschaften zu erlernen versuchen muss und nur so den naturwissenschaftlichen und technologischen Stand des Westens erreichen kann. Leider sind die Muslime, die im Mittelalter in den Wissenschaften und den Naturwissenschaften voraus waren, in letzter Zeit zurückgefallen, da sie auf die Täuschung der Feinde des Islam hereingefallen sind und die Anweisungen des Islam vernachlässigt haben.

Wir sehen also, dass der Islam in jeder Hinsicht makellos ist und eine Religion, die gänzlich den Herausforderungen auch des 21. Jahrhunderts gewachsen ist. Der Islam fordert zum Wissen, zu den Naturwissenschaften und zur Gerechtigkeit auf, verbietet die Trägheit und Faulheit und ist der Gründer und Beschützer eines sozialen Systems, das der Westen erst ab dem 19. Jahrhundert einzurichten begann. In diesem Buch ist nicht der Raum, um ausführlich über diesen Aspekt zu berichten. Unsere muslimischen Brüder und Angehörige anderer Religionen, die sich für den Zusammenhang von Islam und sozialer Ordnung interessieren, können diese Informationen in dem Buch „Se‘âdet- i Ebediyye“, „Das ewige Glück“, finden. Dazu empfehlen wir ihnen die Lektüre dieses Buches.

Es gibt keine wertvollere Sache in der Welt als ein Reich, doch noch größerer Segen ist ein jeder gesunder Atem.

[1] Dschemâluddîn al-Afghânî starb 1314 n. H. [1897 n. Chr.].

[2] Bahâuddîn al-Bukhârî starb 791 n. H. [1389 n. Chr.].

 

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