Die achte der Krankheiten des Herzens ist das Nachahmen (Taqlîd) von Leuten, die man nicht kennt. Es ist nicht dschâiz, sich von Lob, den ein Mensch, seine Worte und Bücher erhalten, und von glanzvoller, feuriger Propaganda täuschen zu lassen und diesem Menschen zu folgen, wenn nicht klar ist, ob er ein Gelehrter der Ahlus-Sunna ist.

Ihm im Glauben, in Worten und in den Ibâdât zu folgen, ohne nachzuforschen, wer er ist, ohne Auskunft über ihn bei vertrauenswürdigen Leuten einzuholen, stürzt den Menschen ins Unheil. Um Muslim zu werden, d.h. die Existenz Allahs, des Erhabenen, Seine Einzigkeit, Seine Allmacht, Seine Eigenschaften zu verstehen, ist das Nachahmen einer Person ohnehin nicht notwendig. Jemand, der vernünftig ist und die Naturwissenschaften gut studiert, versteht allein durch Nachdenken, dass Allah existiert, und gelangt so zum Glauben. Das Werk zu betrachten und die Existenz dessen Machers nicht zu erkennen, ist Torheit. Im Islam wird geboten, dass jeder Mensch auf diese Weise nachdenkt und zum Glauben gelangt.

Die rechtschaffenen Vorgänger (Salaf as-sâlihûn) haben dieses Gebot einstimmig mitgeteilt. Auch wenn nach 400 n. H. einige irregegangene Gruppen behauptet haben, dass Nazar [denkerisches Erschließen] und Istidlâl [das Erkennen des Machers anhand des Werkes] nicht nötig seien, haben ihre Worte keinerlei Wert. Denn die Uneinigkeit der Nachfolgenden hebt die Übereinstimmung (Idschma) der Vorgänger nicht auf. Obwohl der Glaube von jemandem, der darin seine Eltern, seine Lehrer durch Nachahmung befolgt und sich so den korrekten Glauben aneignet, gültig ist, begeht er doch Sünde dadurch, dass er Nazar und Istidlâl unterlässt, d.h. nicht das Minimum an Naturwissenschaften erlernt und die Existenz Allahs, des Erhabenen, nicht bedenkt.

Es gibt auch Gelehrte, die sagen, dass jemand, der das Minimum an Naturwissenschaften nicht studiert hat, aber durch das Lernen von seinen Eltern und aus Büchern zum Glauben gelangt ist, durch Nachdenken den Glauben angenommen hat und seinen Verstand gebrauchend geglaubt hat, als jemand gilt, der Istidlâl nicht unterlassen hat. Es muss ein Gelehrter ausgewählt werden, der in den Handlungen und den Ibâdât zum Rang eines Mudschtahid aufgestiegen ist, und dieser muss in allen Angelegenheiten nachgeahmt werden.

Es wird also einem der Gelehrten der vier Rechtsschulen gefolgt. Wenn solch ein wahrhafter Gelehrter der Ahlus-Sunna nicht gefunden werden kann, befolgt man ihre Bücher. „Idschtihad“ bedeutet, Angelegenheiten, die in den Quellentexten (Nusûs) nicht eindeutig ausgeführt, sondern andeutungsweise erwähnt sind, zu verstehen und zu erläutern. Die edlen Verse und die ehrwürdigen Hadithe werden „Nusûs“ (Sg. Nass) genannt. Die Gelehrten mit tiefem Wissen, die die Voraussetzungen erfüllen, Idschtihad zu vollbringen, werden „Mudschtahid“ genannt. Ab dem Jahre 400 n. H. sind keine Mudschtahids mehr hervorgekommen. Auch der Bedarf an einem Mudschtahid besteht nicht mehr. Denn Allah, der Erhabene, und Sein Prophet Muhammad, Friede sei mit ihm, haben die Gesamtheit der Urteile und Bestimmungen (Ahkâm) verkündet, die alle Veränderungen und Neuerungen in Lebensumständen und wissenschaftlichen Errungenschaften und Ergebnissen, die bis zum Letzten Tag auftreten mögen, einschließt. Die Mudschtahids haben diese begriffen und sie erläutert, nachfolgende Gelehrte haben in Tafsir- und Fiqh-Büchern dargelegt, wie diese Bestimmungen auf neue Situationen und Umstände angewandt werden müssen. Diese Gelehrten, die „Mudschaddid“ genannt werden, wird es bis zum Letzten Tag geben. So wird deutlich, dass diejenigen, die sagen:

 

„Die Mittel der wissenschaftlichen Untersuchung haben sich gewandelt. Wir begegnen neuen Begebenheiten. Die Religionsbeauftragten sollten sich versammeln und neue Tafsire schreiben, es sollten neue Idschtihade gefällt werden“,

 

und damit behaupten, dass es notwendig sei, die Quellentexte zu ergänzen und zu ändern, nichts als Ketzer (Zindîq) und Feinde des Islam sind. Die schädlichsten aller Feinde des Islam sind die Briten. Siehe unser Buch „İngiliz Câsûsunun İ’tirâfları“, „Geständnisse eines britischen Spions“! Wenn jemand also beginnt, einer der rechtmäßigen vier Rechtsschulen zu folgen, kann er, solange es nicht eine Widrigkeit (Haradsch) gibt, die dies erlaubt, nicht einer der anderen Rechtsschulen folgen. Wenn sich jedoch das Ausführen einer bestimmten Sache im Rahmen der Bestimmungen seiner eigenen Rechtsschule als schwierig erweist, ist es dschâiz (zulässig), dass er in dieser Sache einer der drei anderen Rechtsschulen folgt.

 

Es ist nicht dschâiz, „Talfîq“ der vier Rechtsschulen zu machen, d.h. um eine Sache auszuführen, die Erleichterungen in den vier Rechtsschulen zusammenzuführen und diese Sache entsprechend dieser Erleichterungen auszuführen. Eine Sache oder eine Ibâda, die so ausgeführt wird, ist nicht gültig. Da nach 400 nach der Hidschra kein absoluter Mudschtahid (Mudschtahid mutlaq) mehr hervorgekommen ist, der in der Lage wäre, den Analogieschluss (Qiyâs) zu vollbringen, ist es nicht dschâiz, den Gelehrten nach dieser Zeit im Sinne der Befolgung einer Rechtsschule durch Taqlîd zu folgen.

 

Um die Rechtsschule eines Mudschtahid, der vor dieser Zeit hervorgekommen ist, zu erlernen, müssen die Fiqh-Bücher studiert werden, die die Gelehrten dieser Rechtsschule einstimmig akzeptieren. Es sollte zwingend unterlassen werden, religiöses Wissen aus Büchern und Vorträgen zu lernen, die von den wahren Gelehrten des Islam, die Gelehrte der Ahlus-Sunna sind, nicht akzeptiert und nicht gebilligt werden. Es ist nicht dschâiz, jedem Buch über den Islam folgend Ibâda zu verrichten. Den Worten oder den Büchern von Gelehrten, die nicht der Ahlus-Sunna angehören, sollte auf keinen Fall gefolgt werden.

Die Fatwa-Bücher „Qâdîkhân“, „Hâniyya“, „Khulâsa“, „Bazzâziyya“, „Zahîriyya“ und „Ibn Âbidîn“ sind in der hanefitischen, „Mukhtasar al-Khalîl“ in der malikitischen, „Al-Anwâr li-A’mâli abrâr“ und „Tuhfat al-Muhtâdsch“ in der schafiitischen Rechtsschule und „Al-Fiqhu alal-Madhâhibil-arba’a“ in allen vier Rechtsschulen zuverlässig und wahrhaft (sahîh).

 

Das Wissen über die Ibâdât und die Ahkâm kann aus Hadith-Büchern nicht leicht verstanden werden. „Ahkâm“ (Bestimmungen, Urteile; Sg. Hukm) bedeutet Halâl (Erlaubtes) und Harâm (Verbotenes). Die zuverlässigsten Hadith-Bücher sind die Sammlung „Sahîh al-Bukhârî“, die Sammlung „Sahîh Muslim“ und die anderen vier Bücher der als „Kutub as-sitta“ bekannten Hadith-Sammlungen. Das wertvollste Buch, das über den Tasawwuf unterrichtet, ist der „Mathnawî“. Das wertvollste Buch, das über den Tasawwuf und den Islam in einem unterrichtet, ist das „Maktûbât“ von Imâm ar-Rabbânî.

 

Es ist nicht dschâiz, zu handeln, indem die Worte und Schriften von allen befolgt werden, die Gelehrte zu sein scheinen oder denen nachgesagt wird, dass sie Gelehrte seien. Es müssen die Ilmihâl-Bücher (Bücher über die Grundlagen des Islam, arabisch: Ilmul-Hâl) der Gelehrten der Ahlus-Sunna studiert werden, die sie aus den oben genannten wertvollen Büchern zusammengestellt und übersetzt haben. Ilmihâl-Bücher, die nicht auf diese Weise übersetzt wurden, sondern nach Gutdünken geschrieben sind oder Tafsir-Bücher, die frei erfunden sind, zu lesen, führt den Menschen im Diesseits und im Jenseits zu Unheil.

[Der moskowitische Kâfir Mûsâ Bigiev aus Kazan, der sich Muslim nennt, aber nicht an den edlen Koran und die ehrwürdigen Hadithe glaubt, hat eine neue Religion erfunden und nennt diese „Islam“. Mit trügerischen Worten bezeichnet er die Muslime als rückständig und die Gelehrten der Ahlus-Sunna als Fanatiker. Er sagt, dass die Religion, die im edlen Koran und den ehrwürdigen Hadithen verkündet wird, keine Religion sei, der junge Menschen, die in den Naturwissenschaften ausgebildet sind, folgen könnten, und bezeichnet seine haltlosen Gedanken als Religion und täuscht mit seinen Büchern junge Menschen. Diejenigen, die so getäuscht wurden, veröffentlichten seinerzeit die monatliche Zeitschrift „Haber Bülteni“ (deutsch: Nachrichtenbulletin) in türkischer Sprache und griffen mit verdrehten und niederträchtigen Lügen darin die Gelehrten der Ahlus-Sunna an. Wir beten dafür, dass solche Menschen die Bücher der Ahlus-Sunna studieren und dadurch den rechten Weg finden.]

 

Die größte aller Sünden nach Schirk, d.h. Kufr, also der Glaubenslosigkeit ist es, eine falsche Aqîda, also einen falschen Glauben zu haben. Das Gegenteil dieser abweichenden und inkorrekten Glaubensweise wird „Aqîda der Ahlus-Sunna wal-Dschamâ’a“ (Glaubensweise der Anhänger der Sunna und der Gemeinschaft) genannt. Nach dem Glauben an Allah ist die wertvollste der Ibâdât, die wertvollste aller Vorzüge, der Aqîda der Ahlus-Sunna zu folgen. Der Ahlus-Sunna anzugehören bedeutet, im Glauben und in den Aussagen, in allen Taten und Ibâdât und dem Umgang mit Menschen der Sunna von Muhammad, Friede sei mit ihm, d.h. seinem Weg, und dem Konsens (Idschma) der edlen Gefährten (Ashâb al-kirâm), der Nachfolger der edlen Gefährten (Tâbi’ûn) und der Gelehrten der Ahlus-Sunna, die nach diesen kamen, zu folgen. Es ist notwendig, ihren Weg aus den Fiqh- und Ilmihâl-Büchern zu erlernen. Siehe auch Seite 162 dieses Buches! Der wahrhaftige Muslim ist derjenige, der sich auf diesem Weg befindet. Die meisten Muslime sind, ihrer Triebseele, ihrem begrenzten Verstand, ihren eigenen Ansichten und dem Stand der Naturwissenschaften ihrer Zeit folgend vom Weg der Gelehrten der Ahlus-Sunna abgewichen und zu Ahl al-Bid’a (Irrgänger) geworden

 

[Die Freundschaft mit einem schlechten Menschen [Fâsiq] führt ins Verderben. Mit „schlechter Mensch“ ist hier jemand gemeint, der den Islam ablehnt. „Islam“ bedeutet die Gesamtheit der Gebote und Verbote von Muhammad, Friede sei mit ihm, und dies wird auch „Ahkâm al-ilâhiyya“ (göttliche Bestimmungen) genannt. Die schlechtesten Menschen sind die Ketzer (Zindîq). Diese nennen sich Muslime, verbergen sich unter großen Turbanen und altertümlichen Kutten. Sie loben unseren Propheten und den Islam. Doch sie legen den edlen Koran und die ehrwürdigen Hadithe falsch aus und formen sich einen Islam, der ihnen beliebt. Sie sind Diener der Briten. Es sind Narren, die sich gegen viel Geld, falsche Diplome und Ruhm aus dem Freimaurerzentrum in London an die Kuffâr verkauft haben. Wer vernünftig ist und die Bücher der Ahlus-Sunna studiert hat, wird nicht auf sie hereinfallen. Unser Prophet hat angekündigt, dass solche Heuchler (Munâfiqûn) auftauchen würden und dass sie in der Tiefe der Hölle in einem endlosen, bitteren Leid brennen werden. Wir schreiben diese Zeilen, um unsere Brüder und Schwestern davor zu bewahren, auf diese hinterlistigen Feinde hereinzufallen. Unser Rat wird dem, der vernünftig ist, viel nutzen. Der Spruch: „Wer vernünftig ist, dem ist der Rat wie Harfenklang, wem er abgeht, dem nützt weder Trommel noch Gesang“, ist bekannt. Über diese Sachen wird in unserem Buch „Kıyâmet ve Âhıret“, „Der Jüngste Tag und das Jenseits“, ab Punkt 18 ausführlich berichtet.]