Wenn ein Mann oder eine Frau unter den Muslimen ungezwungen [d.h. ohne bedroht zu werden, aus eigenem Entschluss] Worte äußert oder Taten verrichtet, über die die Gelehrten übereinstimmend gesagt haben, dass diese zum Kufr führen oder dies nur tut, um andere zu belustigen, wird sein/ihr Iman nichtig, selbst wenn er/sie dabei nicht die Bedeutung der
Worte oder der Tat beabsichtigt. Diese Person wird zu einem Murtad. Dies nennt man „Kufr Inâdî“. Wenn jemand durch Kufr Inâdî zu einem Murtad wird, werden die Sawâb für seine Ibâdât in der Vergangenheit ausgelöscht.
Wenn er später Tawba macht, erhält er diese nicht wieder zurück. Wenn er reich genug ist, muss er den Hadsch wiederholen.
Gebete, Fasten und Zakat, die in der Zeit der Abtrünnigkeit liegen, müssen nicht nachgeholt werden, aber alles noch Nachzuholende aus der Zeit vor der Abtrünnigkeit. Für die Tawba einer solchen Person reicht es nicht aus, dass sie nur die Worte der Schahâda ausspricht, sondern sie muss wegen der Sache, die ihren Kufr verursachte, Tawba machen. [D.h., die Person muss durch jene Tür, durch die sie den Islam verlassen hat, wieder eintreten.] Wenn jemand solche Sachen sagt oder tut, ohne zu wissen, dass sie zum Kufr führen oder wenn es unter den Gelehrten Meinungsverschiedenheit darüber gibt, ob die Sache Kufr ist oder nicht, dann ist nicht eindeutig klar, ob die fragliche Person ihr Iman verliert und dadurch auch ihr Nikâh (Ehebund) ungültig wird. Vorsichtshalber sollte eine solche Person das Iman und damit dann auch ihren Nikâh auffrischen. Solche Sachen unwissentlich zu sagen oder zu tun, wird „Kufr Dschahlî“ genannt.
Unwissenheit in diesen Sachen ist keine Entschuldigung, sondern eine große Sünde. Es ist für jeden Muslim fard, dass er die Sachen, die zu wissen erforderlich sind, erlernt. Wer die Worte, die zum Kufr führen, versehentlich, also ohne Absicht, aus einem Irrtum heraus oder auslegungsfähig oder unter Zwang gesprochen hat, wird nicht zu einem Murtad, noch wird sein Nikâh nichtig. In diesem Fall wäre es dennoch gut, Tawba und Istighfâr (Bitte um Vergebung) zu machen, d.h. das Iman aufzufrischen.
So, wie ein Kâfir nur durch das Sprechen des Spruchs des Tawhîd zu einem Muslim wird, so kann ein Muslim durch eine einzige Aussage zu einem Kâfir werden.
Wenn jedoch die Worte oder Taten eines Muslims auslegungsfähig sind und es für sie 100 Auslegungsmöglichkeiten gibt und 99 Auslegungen für seinen Kufr und eine für sein Iman sprechen, muss man die Person als Muslim erklären. D.h., man schaut nicht auf jene 99 Auslegungen, die Kufr bedeuten, sondern auf die eine, die Iman bedeutet. Doch muss diese Vorgehensweise richtig verstanden werden und dafür muss man auf zwei Punkte achten. Der erste Punkt ist, dass diejenige Person Muslim ist. Wenn jemand aus einem Volk von Kâfirûn den edlen Koran lobt oder ein
Anderer sagt, dass Allah, der Erhabene, Einer ist, bedeutet dies nicht, dass diese Personen Muslime sind. Zweitens ist gemeint, dass eine einzige Aussage oder Tat 100 Auslegungsmöglichkeiten hat und nicht, dass eine von 100 Aussagen oder Taten einer Person Iman bedeuten, während gleichzeitig 99 andere Kufr bedeuten.