Das Fasten wird „Sawm“ genannt. „Sawm“ bedeutet wörtlich, „etwas vor etwas Anderem zu beschützen“. Im islamischen Kontext bedeutet „Sawm“, an allen Tagen des Monats Ramadan, seine Regeln beachtend, dem Befehl Allahs, des Erhabenen, folgend sich vor drei Sachen zu hüten: Essen, Trinken und Geschlechtsverkehr. Der Monat Ramadan beginnt damit, dass am Himmel die Sichel des Neumondes gesichtet wird. Es ist nicht gestattet, den Ramadan gemäß im Voraus kalkulierten Kalendern zu beginnen.
Die Farâid des Fastens sind drei:
1. Die Absicht (Niyya) fassen.
2. Die Absicht zwischen Beginn und Ende der dafür vorgesehenen Zeit fassen.
3. Sich während des in der Scharia als Tag definierten Zeitraums, also der Zeit zwischen der Morgendämmerung und dem Sonnenuntergang, von allem, was das Fasten bricht, fernhalten.
Die Morgendämmerung beginnt mit dem Sichtbarwerden der „echter Fadschr“ (Fadschr sâdiq) genannten Helle am sichtbaren Horizont. Wenn jemand nicht die Absicht fasst und dann bis zum Abend sich von Sachen, die das Fasten brechen, fernhält, gilt dies nicht als gefastet. So ein Tag muss nachgeholt werden.
Damit das Fasten fard wird, müssen sieben Bedingungen erfüllt werden:
1. Muslim sein.
2. Geschlechtsreif (bâligh) sein. Das Fasten von Kindern ist gültig.
3. Verstandesreif (âqil) sein.
4. Dass jemand, der sich im Dâr al-Harb aufhält, erfährt, dass das Fasten fard ist.
5. Ortsansässig (muqîm) sein.
6. Dass eine Frau keine Menstruationsblutung hat.
7. Dass eine Frau nicht die Wochenbettblutung hat.
Sechs Sachen brechen das Fasten:
Essen, Trinken, Geschlechtsverkehr, Menstruation, Wochenbett und sich ein mundvoll übergeben. Lügen, üble Nachrede, die Weitergabe von Gerede unter Muslimen, falsche Schwüre u.Ä. brechen das Fasten nicht, mindern aber die Belohnung dafür.
Sieben Personen ist es erlaubt, nicht zu fasten:
1. Kranke.
2. Reisende [am nächsten Tag].
3. menstruierende Frauen.
4. Frauen im Wochenbett.
5. Schwangere, die zu schwach sind.
6. Stillende Frauen, wenn es ihrem Baby schaden würde.
7. Greise.
Für jeden Fastentag muss die Absicht neu gefasst werden. Im „Hindiyya“ heißt es: „Die Absicht wird mit dem Herzen gefasst. Das Aufstehen für den Sahûr/Suhûr kommt der Absicht gleich.“
Die Absicht für das Fasten ist zweierlei Art:
Die erste Art ist, dass man für jeden Tag des Ramadan und für das Nâfila-Fasten und für ein bestimmtes Gelübde-Fasten (Nadhr mu’ayyan) die Absicht zwischen dem Sonnenuntergang des vorherigen Tages und der „Dahwa al-kubrâ“ genannten Zeit fasst. „Dahwa al-kubrâ“ ist die Hälfte der in der Scharia als Tag definierten Zeit, also der zu fastenden Zeit. Diese wird nach der Adhan-Uhr folgendermaßen berechnet: D.h., dass die Zeit für „Dahwa al-kubrâ“ gemäß der Adhan- Uhr die Hälfte der Zahl ist, die den Fadschr anzeigt. Gemäß der Landeszeit ist diese Zeit etwa die Differenz zwischen der Hälfte des in der Scharia als Tag definierten Zeitraums und der Hälfte des Solartages, also die Hälfte des Fadschr-Anteils, vor dem höchsten Sonnenstand (Zawâl). Der Fadschr-Anteil ist die Zeit zwischen Sonnenaufgang und Fadschr (Morgendämmerung). Wenn jemand bis zur Zeit der Dahwa nicht gegessen und getrunken hat, dann fasst er die Absicht und fastet den Tag. Wenn jedoch die Zeit der Dahwa erreicht ist, ist die Absicht nicht gültig. Wenn man die Absicht vor der Morgendämmerung fasst, sagt man: „Ich fasse hiermit die Absicht, den morgigen Tag zu fasten.“ Wenn die Absicht nach der Morgendämmerung gefasst wird, sagt man: „Ich fasse hiermit die Absicht, den heutigen Tag zu fasten.“
Die zweite Art ist die Absicht für Nachhol-Fasten (Qadâ-Fasten), Sühne-Fasten (Kaffâra-Fasten) und ein absolutes Gelübde- Fasten (Nadhr mutlaq). Die Zeit für die Absicht für diese drei Arten des Fastens ist dieselbe. Der Beginn der Zeit für das Fassen der Absicht ist der Sonnenuntergang des vorherigen Tages und das Ende ist vor der Morgendämmerung. Nach der Morgendämmerung ist das Fassen der Absicht für diese drei Arten des Fastens nicht gültig. Dass es beim Nachholen von verschiedenen Tagen eines Ramadan nicht nötig ist, die Namen der Tage oder ihre Reihenfolge in der Absicht auszudrücken, ist im „Ibn Âbidîn“ am Ende des Kapitels über Nachholgebete erwähnt. Die Fastenden sind dreierlei Art: Das Fasten der Unwissenden, das Fasten der Gelehrten und das Fasten der Anbiyâ und Awliyâ. Das Fasten der
Unwissenden ist, dass sie sich von Essen, Trinken und Geschlechtsverkehr fernhalten, doch sie mögen dabei vielleicht andere Sünden begehen. Das Fasten der Gelehrten ist, dass sie sich auch von anderen möglichen Sünden fernhalten. Das Fasten der Anbiyâ und Awliyâ ist, dass sie sich auch von allem Zweifelhaften fernhalten.
Das Fest der Fastenden ist dreierlei Art:
Das Fest der Unwissenden, das Fest der Gelehrten und das Fest der Anbiyâ und Awliyâ.
Das Fest der Unwissenden ist, dass sie am Abend das Fasten brechen und essen und trinken, wie ihnen beliebt, und sagen: „Das ist unser Fest.“ Das Fest der Gelehrten ist, dass sie am Abend das Fasten brechen und denken: „Wenn Allah, der Glorreiche, unser Fasten angenommen hat, dann ist dies unser Fest. Sollte Er es nicht angenommen haben, was soll dann aus uns werden?“ Das Fest der Anbiyâ und Awliyâ jedoch ist die Schau des Antlitzes Allahs (Ru’yatullah). Sie sehnen sich nach dem Wohlgefallen Allahs, des Glorreichen.
Überhaupt gibt es für alle Gläubigen (Mu’minûn) fünf Arten von Festen:
Die erste ist, dass der Engel zu ihrer Linken keine schlechte Tat zum Niederschreiben findet.
Die zweite ist, dass die Engel der frohen Kunde im Rausch des Todes zu ihm kommen und sagen: „O Mu’min, sei gegrüßt! Du bist für das Paradies bestimmt.“
Die dritte ist, dass wenn er in seinem Grab ankommt, er diesen als einen der Gärten des Paradieses vorfindet.
Die vierte ist, dass er am Tag der Versammlung und des Gerichts unter dem Arschul-a’lâ Schatten findet, zusammen mit den Anbiyâ und den Awliyâ und den Gelehrten und den Rechtschaffenen.
Die fünfte ist, dass er auf der Brücke Sirât, die dünner ist als ein Haar, schärfer als ein Schwert, dunkler als die tiefste Nacht, tausend Jahre Abstieg, tausend Jahre Aufstieg und tausend Jahre eben ist, auf die Fragen, die an sieben Stellen auf ihr gestellt werden, antworten und die Brücke passieren kann. Wer jedoch auf die Fragen nicht antworten kann, wird für jede Frage tausend Jahre bestraft. Diese sieben Fragen sind: Die erste Frage ist die Frage nach dem Glauben, die zweite nach dem Gebet, die dritte nach dem Fasten, die vierte nach der Pilgerreise, die fünfte nach der Zakat, die sechste nach den Rechten anderer und die siebte nach dem Ghusl, der Istindschâ und dem Wudû.
Sühne (Kaffâra):
Wenn jemand im Ramadan sein Fasten, zu dem er vor der Morgendämmerung die Absicht fasste, willentlich bricht, werden für ihn sowohl die Sühne (Kaffâra) als auch das Nachholen des Tages zur Pflicht. Für das Brechen von Nâfila-Fasten und von Tagen des Nachholens ist keine Sühne notwendig. Die Sühne besteht darin, dass man einen Sklaven freisetzt. Wer dazu nicht in der Lage ist, fastet 60 Tage ununterbrochen an Tagen außerhalb des Ramadan und außerhalb jener fünf Tage, an denen das Fasten harâm ist. Danach werden zusätzlich jene Tage, an denen das Fasten gebrochen wurde, nachgeholt. [Es ist harâm, am ersten Tag des Ramadanfestes und an den vier Tagen des Opferfestes zu fasten.] Wenn jemand auch zur Sühne durch Fasten nicht in der Lage ist, leistet er diese Sühne dadurch, dass er entweder 60 Arme an einem Tag oder einen Armen 60 Tage lang mit zwei Mahlzeiten speist. Oder er gibt jedem der 60 Armen Güter, die dem Wert der Zakât al-Fitr entsprechen. Für einen Tag, an dem das Fasten gebrochen wurde, muss man einen Tag nachholen.
Fünf Arten von Personen brauchen für das Brechen des Fastens keine Sühne zu leisten:
1. Der Kranke.
2. Der Reisende (Musâfir).
3. Die Frau, die fürchtet, dass ihr Kind, das sie stillt, Schaden erleiden wird.
4. Der Greis.
5. Die Person, die befürchtet, dass sie wegen Durst oder Hunger sterben würde.
Diese Personen holen, nachdem ihre Entschuldigung nicht mehr besteht, lediglich die ausgelassenen Tage nach.
Was den „Tag des Zweifels“ (Yawm asch-Schakk) betrifft, gibt es verschiedene Arten der Absicht:
An diesem Tag die Absicht zu fassen, ihn als Tag des Ramadan oder als einen Tag des Wâdschib- Fastens zu fasten, oder, dass wenn es ein Tag des Ramadan ist, es als Ramadan-Fasten gelten möge und wenn nicht, dann als Nâfila- Fasten bzw. als ein Nicht-Wâdschib-Fasten – all diese Absichten sind dschâiz, werden aber als makrûh angesehen. Eine weitere Art der Absicht ist dschâiz und nicht makrûh und das ist, die Absicht für einen Tag des absoluten (mutlaq) Fastens zu fassen oder diesen Tag als einen Tag des Monats Scha’bân, also als einen Tag des Nâfila-Fastens, zu fasten. Auf keinen Fall dschâiz ist es, zu fasten, indem man die Absicht so formuliert, dass man sagt, dass wenn es ein Tag des Ramadan ist, man die Absicht habe zu fasten, und wenn nicht, man eben nicht die Absicht habe zu fasten.
Wenn jemand im Ramadan bis Anbruch der Morgendämmerung nicht die Absicht für das Fasten fasst und vor dem Mittag (also vor der Zuhr-Zeit) isst, braucht er nach Imâm al-A’zam Abû Hanîfa keine Sühne zu leisten. Nach Imâm Abû Yûsuf und Imâm Muhammad jedoch muss man Sühne leisten, denn man hatte die Möglichkeit, die Absicht zu fassen und zu fasten. Wenn man in diesem Fall jedoch erst nach dem Mittag isst, besteht Übereinkunft darin, dass keine Sühne zu leisten ist. Es gibt Meinungsverschiedenheit darüber, ob jemand, der an zwei oder drei verschiedenen Ramadan-Monaten je einen Tag brach, für jeden dieser Tage jeweils eine Sühne leistet oder nur eine für alle drei Tage. Man sollte vorsichtshalber für jeden Tag die Sühne leisten. Wenn jemand Tage des Ramadan nachzuholen hat, aber diese nicht vor dem nächsten Ramadan nachholt, sodass darüber ein Jahr vergeht, ist dies gemäß manchen Gelehrten eine Sünde.
Wenn jemand Tage als Sühne fastet und währenddessen der nächste Ramadan beginnt oder das Opferfest dazwischenkommt, muss er das Sühne-Fasten nach dem Ramadan und dem Opferfest von Neuem beginnen. Die zuvor gefasteten Tage zählen nicht.
Wenn jemand sein Fasten bricht, ohne zuvor die Absicht zum Reisen gefasst zu haben und erst danach die Absicht fasst und die Reise beginnt, muss er sowohl den Tag nachholen als auch Sühne leisten. Die Reise macht das Brechen des Fastens nicht mubâh. Es ist wâdschib, dass derjenige, der sich auf eine Reise begibt, das Fasten an diesem Tag nicht bricht. Es ist nicht halâl, dass der Reisende, der in der Nacht oder bis zur Dahwa-Zeit die Absicht für das Fasten gefasst hat, am Tag der Reise sein Fasten bricht. Wenn er es aber doch bricht, muss er lediglich den Tag nachholen. Was die Reise erlaubt, also mubâh macht, ist, dass man das Fasten gar nicht erst beginnt.
Wenn jemand im Ramadan unzurechnungsfähig wird und nicht fastet, jedoch noch innerhalb des Ramadan wieder gesund wird, muss er die nicht gefasteten Tage nachholen. Wenn jemand aber von Anfang bis Ende des Ramadan unzurechnungsfähig bleibt, ohne gesund zu werden, dann entfällt von ihm das Fasten von jenem Ramadan.
Wenn jemand vergisst, dass er fastet, und etwas tut, was das Fasten bricht, wird sein Fasten nicht ungültig. Wenn er sich dann erinnert, jedoch im Glauben, sein Fasten sei gebrochen, weiter isst und trinkt, muss der Tag zwar nachgeholt werden, aber es ist nicht nötig, für diesen Tag Sühne zu leisten. Wenn er aber isst, obwohl er weiß, dass sein Fasten nicht gebrochen ist, muss sowohl der Tag nachgeholt als auch Sühne geleistet werden.
Wenn ein Fastender seinen Schweiß schluckt oder jemand an einem gefärbten Faden kaut und die Farbe schluckt oder den Speichel von jemandem schluckt oder seinen eigenen Speichel schluckt, nachdem dieser bereits ausgespuckt war, oder Essensreste zwischen den Zähnen schluckt, die größer als eine Kichererbse sind, oder mit einer Spritze Medizin unter die Haut injiziert, wird in allen diesen Fällen das Fasten gebrochen und es wird nur das Nachholen nötig.
Wenn jemand ein Stück Papier oder eine Handvoll Salz isst oder ein ungekochtes Weizenkorn oder ein ungekochtes Reiskorn, wird sein Fasten gebrochen, es wird jedoch nur das Nachholen nötig, denn das Essen einer Handvoll Salz ist weder als Nahrungsaufnahme noch als Medizin üblich. Das ist das Gleiche wie eine Handvoll Erde zu essen. Doch wenn die gegessene Menge Salz nur eine geringe ist, dann wird auch die Sühne nötig. Dies ist im „Aschbâh“ erwähnt. Denn Salz wird in geringen Mengen sowohl als Medizin als auch als Nahrung verwendet.
Es ist dschâiz, dass ein Arbeiter, der absehen kann, dass er bei seiner Arbeit krank werden wird, das Fasten bricht, bevor er nicht tatsächlich erkrankt. Eine Frau, der während der Schwangerschaft oder des Stillens schlecht wird und die ihr Fasten bricht, braucht nur den Tag nachzuholen. Wer ohne Entschuldigung im Ramadan öffentlich isst und trinkt, wird ein Murtadd. Dies wurde im „Se’âdet-i Ebediyye“ erwähnt.
Wenn jemand ein einzelnes Sesamkorn nur kaut, wird sein Fasten nicht gebrochen. Wenn es aber geschluckt wird, wird das Fasten in jedem Fall gebrochen, egal ob es gekaut wurde oder nicht, und der Tag muss nachgeholt werden.
Die Arten des Fastens sind 15:
Drei Arten sind fard, drei wâdschib, fünf harâm und vier sind sunna. Die Fard-Arten sind das Fasten im Ramadan, das Nachholen von Fard-Fasten und das Sühne- Fasten.
Die Wâdschib-Arten sind das bestimmte Gelübde-Fasten, das absolute Gelübde-Fasten und das Fortsetzen eines begonnenen Nâfila-Fastens bis zum Sonnenuntergang.
Die Harâm-Arten sind das Fasten am ersten Tag des Ramadanfestes und an den vier Tagen des Opferfestes. An diesen fünf Tagen ist es harâm, zu fasten.
Die Sunna-Arten sind, die „weißen Tage“ jeden Monats zu fasten, das „Fasten des Dâwud“, das Fasten am Montag und Donnerstag, am Tag der Aschûra, am Tag der Arafa und an ähnlichen gesegneten Tagen. Die Tage 13, 14 und 15 der Monate im islamischen Mondkalender werden „Ayyâm al-bayd“ (weiße Tage) genannt. Das Jahr hindurch einen Tag abwechselnd zu fasten und einen Tag nicht, wird „Sawm Dâwud “ (Fasten des Dâwud) genannt.
Das Fasten hat elf Nutzen:
1. Es ist ein Schild gegen die Hölle.
2. Es führt dazu, dass die anderen Ibâdât angenommen werden.
3. Es ist Gedenken (Dhikr) mit dem Körper.
4. Es bricht den Hochmut (Kibr).
5. Es bricht die Selbstgefälligkeit (Udschb).
6. Es steigert die Ehrfurcht vor Allah, dem Erhabenen.
7. Die Belohnung dafür wird auf der Waage schwer sein.
8. Allah, der Erhabene, wird mit Seinem fastenden Diener zufrieden.
9. Vorausgesetzt, dass jemand mit Glauben stirbt, gelangt er durch das Fasten früher in das Paradies.
10. Es verleiht dem Herzen Nûr (Licht).
11. Es verleiht dem Verstand Nûr.
Ausschau nach dem Mondsichel:
Es ist wâdschib, am 29. Tag des Monats Scha’bân, sobald die Sonne untergegangen ist, im Westen über dem scheinbaren Horizont nach der Mondsichel für den Ramadan Ausschau zu halten.
Ein Muslim, der als „Âdil“ (Gerechter) gilt, also keine großen Sünden begeht, und der zur Ahlus-Sunna gehört, benachrichtigt den Richter oder den Gouverneur, falls er bei bedecktem Himmel doch die Mondsichel sieht. Wenn seine Aussage akzeptiert wird, beginnt überall der Ramadan. An Orten, wo es keine Richter oder Gouverneure gibt, beginnt dort der Ramadan, sobald ein Muslim die Mondsichel sieht. Bei diesen Entscheidungen verlässt man sich nicht auf Aussagen von Irrgängern (Ahl al-Bid’a) oder Sündern (Fâsiqûn). Bei klarem Himmel muss die Nachricht von mehreren Personen kommen. Wenn die Mondsichel nicht gesehen wird, wird der Monat Scha’bân mit 30 Tagen gezählt und der darauffolgende Tag ist dann der erste Tag des Ramadan. Der Ramadan beginnt nicht nach Kalendern oder gemäß astronomischen Kalkulationen.
In den Büchern „Bahr“, „Hindiyya“ und „Qâdîkhân“ heißt es: „Ein im Dâr al-Harb Gefangener, der ohne Nachricht vom Beginn des Ramadan sich nach dem Kalender orientiert und einen Monat fastet, könnte mit dem Fasten einen Tag vor dem tatsächlichen Beginn, am zweiten Tag des Ramadan oder am ersten Tag des Ramadan begonnen haben. Im ersten Fall beginnt er einen Tag vorher und feiert am letzten Tag des Ramadan. Im zweiten Fall hat er den ersten Tag nicht gefastet und am Festtag gefastet. In beiden Fällen hat er nur 28 Tage des Ramadan gefastet und muss nach dem Fest zwei Tage nachholen. Im dritten Fall besteht Zweifel darüber, ob er den ersten und den letzten Tag des Ramadan getroffen hat. Da das Fasten an Tagen, über die Zweifel besteht, ob sie wirklich im Ramadan liegen, nicht gültig ist, muss er auch in diesem Fall zwei Tage nachholen.“ Hieraus wird klar, dass derjenige, der den Ramadan nicht nach Mondsichtung, sondern nach zuvor erstelltem Kalender beginnt, nach dem Fest zwei Tage nachholen muss. Über das Berechnen des ersten Tages des Ramadan gibt es ausführliche Informationen in dem Buch „Se’âdet-i Ebediyye“ .
[Ibn Âbidîn, möge Allah mit ihm barmherzig sein, sagt: „Bei bedecktem Himmel sollte man das Fasten nicht brechen, bevor man sicher ist, dass die Sonne untergegangen ist, selbst wenn der Adhan gerufen wird. Das „Beeilen“ beim Fastenbrechen (Iftar), das mustahabb ist, gilt als erfüllt, wenn das Fastenbrechen vor der „Ischtibâk an-Nudschûm“ genannten Zeit geschieht, also bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Mehrzahl der Sterne sichtbar wird.
Wenn an einem Ort das Fasten durch das Sichten des Sonnenuntergangs gebrochen wird, darf jemand, der sich an einem höher gelegenen Ort befindet, z.B. auf einem Minarett, das Fasten nicht brechen, bevor er selbst den Sonnenuntergang sieht. So wird auch bezüglich des Fadschr-Gebets und des Sahûr verfahren.“ In den Tabellen der „Zeiten der Vorsicht“ (Tamkîn-Zeiten), die in Astronomie-Büchern aufgelistet werden, werden die Zeiten der Vorsicht je nach Höhe des Ortes angegeben. Bei den Berechnungen aller Gebetszeiten wird für jeden Ort nur eine Zeit der Vorsicht, die sich nach dem höchsten Punkt des Ortes richtet, verwendet.
In Kalendern, die ohne Berücksichtigung dieser Zeiten der Vorsicht errechnet werden, ist die Zeit des Sonnenuntergangs immer ein paar Minuten früher angegeben. Man beobachtet aber, dass zu diesen Zeiten die Sonne nicht untergegangen ist. Daher wird das Fasten derer, die sich nach Kalendern richten, bei denen die Zeiten der Vorsicht nicht berücksichtigt werden, ungültig.]